Österreich gelingt mit einem 1:0 gegen Norwegen der Einzug ins Viertelfinale und trifft damit am kommenden Donnerstag auf Deutschland. Jetzt schon berüchtigt sind die Feiern nach dem Spiel. Viel gesungen wurde auch bei den nordirischen Fans, die ihrem ausgeschiedenen Team nach der 0:5-Niederlage gegen England einen Abschied mit viel Anerkennung bereiteten.
Österreich 1 : 0 Norwegen
Im Viertelfinale geht es für Deutschland also gegen Österreich. Mich freut das sehr und wenn ich gestern so über meine Twitter-Timeline schaute, geht das glaube ich vielen so. Es ist einfach eine richtig coole Zusammenstellung von Spielerinnen, die Österreich dort hat, viele von ihnen kennen wir aus der deutschen Bundesliga.
Was, wie ich schon in meiner Geheimtipp-Vorschau für OneFootball schrieb, vermutlich einer der Gründe dafür ist, dass Österreich international etwas unterschätzt wurde. Denn die Bundesliga ist außerhalb Deutschlands kaum zu sehen. Im Grunde genommen ist es also auch die größte Bühne für die Bundesliga, wenn Deutschland und Österreich sich am Donnerstag treffen.
Sportlich wird das richtig feurig werden. Österreich hat bisher mit die besten Defensivleistungen dieser EM gezeigt, sie sind in dem Bereich vor allem sehr konstant. Gegen Norwegen hatten sie es lange Zeit vergleichsweise einfach, weil die Skandinavierinnen es nicht schafften sich aus dem österreichischen Pressing zu befreien.
Erst in der Schlussphase wurde es heikel, Manuela Zinsberger musste mehrmals entscheidend parieren und sicherte das 1:0. Ein Unentschieden hätte zwar gereicht, aber wer weiß schon, was nach so einem Gegentor passiert.
Besonders gefreut habe ich mich über das Tor von Nicole Billa, die die Österreicherinnen bisher nicht in die Situationen bekommen hatten, welche sie mag. Ihr Kopfballtreffer nach Halbfeldflanke war schön anzusehen (und ja, schlecht verteidigt), genau das sind die Bälle, die sie braucht, egal ob flach oder hoch.
Nach dem Spiel wurde dann wieder im David-Alaba-Style mit Stuhl gefeiert und die Pressekonferenz gestürmt. Barbara Dunst hatte im Interview mit der Sportschau für eben diese außerdem noch ein paar… warme Worte.
"Wir inspirieren die nächste Generation"
Das sagte Nordirlands Rachel Furness nach dem Spiel und wer sich den hammermäßigen Support durch alle Spiele Nordirlands hindurch anschaut, glaubt das sofort. Gestern nach der erwartbaren Niederlage gegen England wurden die Spielerinnen minutenlang in der Kurve gefeiert (hier im Video von Marshall Gillespie zu sehen). Sowieso war Nordirlands Anhang einer der lautesten.
Aber auch auf dem Rasen wussten die Nordirinnen trotz krasser Außenseiterinnen-Rolle zu überzeugen. Mir hat es imponiert, dass sie egal bei welchem Zwischenstand immer noch ihre eigenen Konter gesucht haben, auch wenn das zu selten funktionierte.
Da die sportlichen Bedingungen im Land für die Spielerinnen auf niedrigem Niveau sind, gab es vor dem Turnier eine sehr lange Vorbereitung. Schon ab Januar gab es ein festes Trainingszentrum, um das Team auf ein professionelles Fitnesslevel zu bekommen.
Das ist auf jeden Fall geglückt, dass es technische und taktische Fehler zu sehen gab: völlig klar. Viel wichtiger ist nun also der Wille und die Geduld zu einer nachhaltigen Entwicklung des Fußballs im Land.
Eine kontroverse Personalie ist und bleibt Cheftrainer Kenny Shiels, dieser Mann lässt kaum ein (sexistisches) Fettnäpfchen aus. Ein paar Beispiele: Die Spielerinnen seien zu emotional und bekämen deshalb mehr Gegentore, eine finnische Schiedsrichterin solle keine Norwegerinnen pfeifen und den Grundstein von Sarina Wiegmans Erfolg habe ausgerechnet der Phil Neville gelegt, der eine fußballerisch völlig konfuse Elf hinterließ.
Es wird in der Presse dann immer betont, dass seine Spielerinnen sich ja nach der Emotions-Äußerung hinter ihn gestellt haben, gerade bei einem so kleinen Verband mit wenigen Ressourcen (z.B. für eine potenzielle Nachfolge) bleibt da aber immer das Problem der Abhängigkeiten. Das ist etwas, das auch bei solchen tiefergehenden Portraits wie diesem in der Times ausgeblendet wird.
Zahlen des Tages
Gestern vermeldete die UEFA, dass schon nach der Hälfte des diesjährigen Turniers der bisherige Rekord von 240.045 Stadionbesucher*innen von der EM 2017 in den Niederlanden geknackt wurde.
Österreich zeigte eine gute Teamleistung, hervorzuheben ist aber Laura Feiersinger, die überall auf dem Platz zu finden war. Feiersinger hatte laut Wyscout im ganzen Spiel 15 Balleroberungen, 11 davon in der gegnerischen Hälfte.
Zitat des Tages
“We feel very empty, the players and the staff. We had high expectations coming into this tournament and we’ve not been able to meet them. I don’t have a good explanation now; I’m not a quitter. I don’t think we’re a weaker nation than we were but not getting through this group is a huge disappointment. We had bigger ambitions than that: we were aiming for a medal.
We’ve been working hard towards a common goal and we didn’t succeed. In the end, it’s my responsibility. The team and the players prepared as well as possible but it feels very tough now for all of us. The loss against England was in the air, of course; we tried to regroup but we are not robots.”
Norwegens Trainer Martin Sjögren auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Empfehlungen des Tages
- Die österreichische Perspektive bekommt ihr bei Lottes EM-Morgen mit Gast Yannick Steinkellner.
- Der in Schweden arbeitende Journalist Rainer Fußgänger hat einen eigenen Podcast gestartet und spricht in der zweiten Folge über die Reaktionen der norwegischen Presse auf das EM-Aus Norwegens.
- Natürlich wurde auch heute wieder im Rasenfunk analysiert, zu Gast: Isabel de Bruyn und Kyra Malinowski.
- Auch Their Pitch hat eine neue Podcastfolge. Dieses Mal sind Trainerin Elena Sadiku und Analyst Marc Lamberts dabei und es geht um die bisherigen Spiele dieser EM.
- Die englische Presse ist sowieso voll des Lobes für ihr Nationalteam, eine solche Ode an eine einzelne Spielerin wie hier von Jonathan Liew an Fran Kirby im Guardian ist dann aber doch eher selten – und bis vor ein paar Jahren für eine Spielerin kaum vorstellbar.
- Helene Altgelt hat angesichts einiger hoher Ergebnisse bei dieser EM für 90min auf die Entwicklung der durchschnittlich pro Partie gefallen Tore bei Europameisterschaften geschaut.
Fotocredit: Österreichs Torfrau Manuela Zinsberger, hier für Arsenal beim Spiel gegen AC Florenz in der Champions League am 12. September 2019. | Dreamstime.com