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Gruppe C: Ordnung vs. Chaos. EM-Tagebuch (10)

Ramona Bachmann kl
Die Schweizerin Ramona Bachmann, hier beim Champions-League-Spiel für PSG gegen Zhytlobud-1 Kharkiv am 8. Dezember 2021 in Kharkiv, Ukraine. © Vitalii Kliuiev | Dreamstime.com

Gestern spielte Schweden gegen die Schweiz (2:1) und die Niederlande gegen Portugal (3:2). In der Tabelle der Gruppe C stehen jetzt die beiden favorisierten Teams Niederlande und Schweden vorne, auf dem Platz ist das aber längst nicht so souverän wie erwartet. Vor allem bei Oranje liegt das auch an den Umständen, schon vorher waren sie mir in der Vorbereitung aber zu leicht ausrechenbar.

Ordnung vs. Chaos

Gegen Portugal ergab sich ungefähr das Spiel, mit dem ich vorher gerechnet hatte, mit Portugiesinnen voller Spielfreude und dem Drang, die Party zu crashen, zu der sie zu spät eingeladen wurden. Ich hatte es schon nach dem ersten Spiel Portugals geschrieben, aber ich wiederhole mich in der Hinsicht sehr gerne: Ich hoffe, das bringt so richtig viel Aufwind für den Fußball im Land.

 

Bei den Niederländerinnen bin ich hin- und hergerissen. Einerseits haben sie es nach den Verletzungen und dem Fehlen von Miedema am Ende geschafft sich durchzusetzen, andererseits war ich von ihnen schon vor der EM nicht richtig überzeugt. Mir ist das alles ein bisschen zu eindimensional, für das, was man mit diesem Team eigentlich anstellen könnte.

 

Ich bin sehr gespannt darauf, wie sich die Schwedinnen gegen dieses im besten Sinne chaotisch-spielende Portugal schlagen werden. Schweden spielt so kontrolliert, dass sie sich selbst zum Teil komplett ausbremsen. Das war auch gegen die Schweiz lange Zeit wieder so. Die Schweizer Nati trug mit ihrer Defensive ihren Teil dazu bei, nach der Vorgeschichte der Partie war das gestern eine sehr gute Abwehrleistung.

 

Nach vorne gefallen sie mir allerdings nicht, sie schaffen es kaum mal, sich eigene Chancen herauszuspielen. Das wirklich sehr schöne Tor von Ramona Bachmann fiel nach einem Fehler von Hedvig Lindahl im Tor, die den Ball vor ihre Füße klärte. Solch besondere Momente wie diesen technisch herausragenden Schuss hat Bachmann in ihrer Karriere regelmäßig gehabt. Es gehört aber auch zu ihrem Spiel, dass sie regelmäßig das Tempo rausnimmt, obwohl es nicht nötig wäre und das beschreibt dann auch ganz gut die Offensive der Schweiz gegen Schweden. Räume zum Kontern waren in manchen Szenen vorhanden, die gibt es gegen Schweden nicht oft, da muss man dann mit Risiko reingehen.

 

Womit wir wieder bei Portugal wären. Die Partie gegen Schweden könnte so einen richtigen Dungeons & Dragons-Konflikt beinhalten: Lawfulness vs. Chaos. Die Paladin-Schwestern des Ordens der Filippa Angeldahl gegen die trickreichen Rogues mit Illusionsmagie rund um Jéssica Silva. Wer braucht schon so etwas wie Raumaufteilung, wenn man einen normalen Pass auch im Rabona-Stil spielen kann? Und ja, die EM ist schön, aber ich vermisse meine beiden Pen-and-Paper-Runden gerade sehr.

 

Für Schweden fand ich nach ihrer Einwechslung Hanna Bennison beide Male sehr gut. Gegen die Schweiz bekam sie 22 Minuten. Beim FC Everton konnte sie sich in einer sehr schwierigen Saison noch nicht so zeigen, sie bringt aber bei der EM jedes Mal Schwung ins schwedische Spiel, zusammen mit der ebenfalls eingewechselten Johanna Rytting Kaneryd.

 

Bennison fällt mir da besonders ins Auge, weil sie Schnittstellenpässe versucht, die sonst im schwedischen Spiel fehlen. Gegen die Schweiz versuchte sie vier Pässe ins gegnerische Drittel, drei davon kamen an. Vielleicht darf sie ja gegen Portugal mal von Anfang an spielen.

Zitat des Tages

“We were in control for the whole game, basically. Yes, we have to keep working on our attacks and be more fluid with more speed at times, but there are many other things that we had spoken about before that we did today and I am happy with the result. 2-1 is not really painting the picture of the game but we won and that was the important thing.”

 

Hedvig Lindahl nach dem Spiel gegen die Schweiz.

Empfehlungen des Tages

  • Bei Lottes EM-Morgen geht es dieses Mal um den VAR, außerdem beantwortet Jana Lange vom SID Fragen zur Pressearbeit vor Ort.
  • Über die chaotische Gruppe C und Ramona Bachmann schreibt Jessy Parker Humphreys in ihrem (englischsprachigen) Newsletter “Flying Geese”.
  • Justin Kraft schreibt bei sich in den EM-Notizen darüber, warum ihn Portugal so begeistert hat, das ging spätestens gestern sehr vielen so.
  • Jovana Damnjanović hat eine E-Mail an Serbiens öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt geschrieben und bei Instagram öffentlich gemacht, weil die EM dort trotz vorhandener Übertragungsrechte nicht gezeigt wird. Bei 90min gibt es die deutsche Übersetzung zu lesen.

Fotocredit: Die Schweizerin Ramona Bachmann, hier beim Champions-League-Spiel für PSG gegen Zhytlobud-1 Kharkiv am 8. Dezember 2021 in Kharkiv, Ukraine. © Vitalii Kliuiev | Dreamstime.com